Er schlug die Augen auf. Grelles, beißendes Licht blendete ihn. Es dauerte einen Moment bis seine Augen sich an das Tageslicht gewöhnten. Er dachte an seinen Traum zurück . Wie er Lucia immer näher kam und sie dann sogar küsste. Für ihn unvorstellbar wie er dies erreichen sollte. Er richtete sich auf und atmete ruhig im Takt. Er hörte kein Geräusch. Darum schlich er auf Zehenspitzen aus seinem Zimmer in die Küche. Nahm einen Becher mit Wasser und ging vorsichtig zu einem anderen Zimmer. Und öffnete die Tür. Die knarrte, aber leise genug um Pal nicht aufzuwecken, der friedlich am anderen Ende des Zimmers in seinem Bett schlief. Darg grinste und lief an ans Bett. Sein Bruder hatte einen gesunden Schlaf den er durch lautes Schnarchen verkörperte. Er ging wieder hinaus, nun auf dem Weg zur Küche. Dort nahm er einen Becher, füllte ihn mit kaltem Wasser und ging wieder in Pals Schlafzimmer. Er schritt schnell auf das Bett zu und schüttete das kalte Nass über seinen Bruder. Darg holte tief Luft und rief mit fester Stimme »Aufwachen!« . Pal schreckte erschrocken auf. Es dauerte einen Augenblick bis er realisierte was da vor sich ging. Er fluchte und schüttelte das Wasser von sich. Dann stand er auf und wollte sich Darg greifen. Der wiederum war darauf gefasst gewesen und stürmte schon aus der Tür. Pal war noch zu schlaftrunken um ihm zu folgen. »Mensch Darg, der Teufel soll dich holen! Ich bin klitschnass und friere nun. Ist das der Dank dafür, dass ich heute Lucia zum Essen einlade? Ich werde es mir noch überlegen, ob ich sie für dich frage. Es kommt darauf an, ob du mir jetzt ein ordentliches Frühstück zubereitest« sagte er schmunzelnd. Verärgert kam Darg zurück ins Zimmer. »Das ist Erpressung« protestierte er vergeblich. Er musste wohl oder übel das Frühstück zubereiten. Denn er wollte unbedingt, dass Lucia zum Essen kommt. Es ärgerte ihn, das er auf die Hilfe seines Bruders, in dieser Angelegenheit, angewiesen war. Er ging in die Küche und holte das Brot und einen Schinken. Schnitt diesen in feine Scheiben und belegte das Brot damit. Danach nahm er die Milch und schüttete sie in einen Becher und ging in Pals Zimmer zurück und gab diesem das belegte Brot und die Milch in die Hand. Dann setzte er sich ans Bett und sagte trübselig »Ich habe Angst, was wenn sie keine Gefühle für mich hegt.« »Ach Darg, mach dir nicht schon wieder darüber Gedanken, es wird schon schief gehen« sagte Pal ermunternd. Nachdem Pal aufgegessen hatte stand er auf und ging ins Bad. Dort wusch er sich und kleidete sich danach an. Als er aufbruchsbereit war rief er Darg zu sich. »Komm Darg, wir müssen gehen.« Sein Bruder kam träge auf ihn zu und erwiderte »Ich habe Angst« Pal winkte diese Bemerkung nur ab. Sie gingen hinaus auf den Hauptweg des Dorfes, der eigentlich nur aus trockener Erde bestand. Mit einzelnen Gräsern bewachsen. Das Dorf war nicht sehr groß und auch nicht gerade auffallend strukturiert. Es war einfach ein simpel gebautes Dorf mit kleinen ärmlich wirkenden Häusern, die nur aus Lehm und Steinen bestanden. Die Dächer waren mit Stroh überzogen. Die ein heftiger Windstoß leicht abtragen könnte. Aber in dieser Gegend gab es so gut wie nie Wind. Darum hatten es auch die Mühlen schwer ihr Getreide zu verarbeiten. Dennoch deckte es den Bedarf des Dorfes bei weitem. Es liefen kaum Menschen auf der Straße, da es noch ziemlich früh war. Sie trafen den Heiler des Dorfes, Treg. Dieser war klein, alt und hinkte immer umher, da sein rechtes Bein ihn nicht mehr tragen wollte. Er sprach mit einer ruhigen klaren Stimme zu ihnen »Schönen Morgen ihr zwei, ich hoffe doch euch geht es gut? Was macht deine Narbe Darg? Schmerzt sie noch sehr?« »Nein, nicht mehr so, sie sticht gelegentlich, aber nicht der Rede wert. Was treibt dich schon zu so früher Stunde aus dem Haus? Gehst du Kräuter sammeln?« Ihn interessierte die Arbeit des Heilers sehr, denn dieser verbrachte manchmal wahre Wunder.Durch seine außergewöhnlichen Zaubertränke, wie er sie nannte, half er schon oft den Dorfbewohnern. »Erfasst, ich gehe in den Wald und hole mir ein paar wichtige Kräuter für meinen neuen Heiltrank, der wenn es klappt, sogar deine Narbe verschwinden lassen kann.« antwortete er mit theatralischer Stimme. Darg stutzte, wie sollte das den gehen? Eine Narbe kann man doch nicht einfach wegheilen. Oder doch? Es würde ihn bei Tregs Geschick nicht wundern, würde er dies schaffen. »Wie läuft es mit Elsa, mein lieber Pal, wann werdet ihr endlich heiraten?« Das merkwürdige an Treg war außerdem das er alles und von jedem etwas wusste. Man könnte meinen, er würde Gedanken lesen können. Aber das war unmöglich dachte Darg. »Wieder einmal allwissend, was Treg. Ich werde sie sehr bald fragen, denke ich. Vielleicht noch in diesen Tagen« antwortete Pal nicht überrascht, aufgrund des Wissens des Heilers. »Ich hoffe doch, du kümmerst dich um sie und kannst ihr auch das bieten was ihr zusteht. Du weißt sie hatte es nicht einfach in ihrem bisherigen Leben. Aber ich würde mich sehr freuen würde diese Vermählung zustande kommen.« Pal nickte nur, jetzt ein bisschen nervös, angesichts der Anforderungen. Aber er fasste sich schnell wieder und erwiderte »Das werde ich, du kannst unbesorgt sein, sie wird bei mir wohl umsorgt werden.« »Das freut mich zu hören« sagte der Heiler. Nun mussten sie aber weiter gehen, sie verabschiedeten sich von ihm und wünschten ihm viel Erfolg. Sie gingen nun zur Backstube und machten sich voller Eifer ans Werk. Darg knetete den Teig zurecht und Pal schob die Teigwaren in den Steinofen hinein. Nach einer Weile, war es Zeit die fertigen Brötchen zu verkaufen. Jeder der beiden nahm ein sauberes Holzbrett und legte die fertigen Backwaren darauf. Dann trennten sie sich, Pal übernahm die Nordseite des Dorfes und Darg die Südseite. Sie liefen von Haus zu Haus und verkauften so im Laufe des Tages alle Backwaren die sie hatten, bis auf einen kleinen Rest, der zur Eigennutzung gebraucht wurde. Sie räumten die Backstube noch auf und liefen dann am späten Nachmittag zu einem Haus das voll gestopft war, mit allen möglichen Dingen. Sie klopften an die Tür und warteten bis diese geöffnet wurde. Als dies nicht passierte klopften sie erneut. »Was führt euch zu meinem Haus?« fragte eine leise krächzende Stimme von hinten. Erschrocken fuhren Darg und Pal herum. »Ich wollte euch keineswegs erschrecken« sagte die Frau nun eine Spur freundlicher. »Ha- hallo, Renée, wir wollten eigentlich zu Elsa, aber die scheint nicht hier zu sein, oder?« sagte Pal etwas abwesend. »Richtig sie ist nicht hier, sie ist gerade beim Metzger Fleisch holen. Kommt doch herein und wartet noch eine Weile, sie wird sicher bald eintreffen.«